Grimme Online Award 2005

Statement der Jury

Das Internet lässt in seiner Vielfalt einen neuen, positiven Trend erkennen: Inhaltliche Qualität, integriert in gut gestaltete und technisch anspruchsvolle Umsetzungen, wird mehr und mehr zum Standard. Diese wichtige Entwicklung konnte die Jury des GRIMME ONLINE AWARD 2005 eindeutig feststellen. Eine Vielzahl der diesjährigen Einreichungen, die sich daraus ergebenden Nominierungen und letztlich die ausgewählten Preisträger hatten eines gemeinsam: ein grundsätzlich hohes Niveau, egal ob es sich um Leistungen Einzelner oder um Gesamtergebnisse Vieler handelte. Positiv konnten dazu sicherlich die neu definierten Kategorien des GRIMME ONLINE AWARD beitragen.

Abgrenzbarer und damit klarer zu beurteilen, brachten alle Nominierungen eine eigene »Couleur« ein. Ein wichtiger Faktor, um letztlich die besten Beiträge zu prämieren. So wurden nicht in sich geschlossene Angebote oder technisch aufwändige Realisationen am besten beurteilt, sondern vor allem die »komplettesten« Gesamtwerke. Inhaltlich herausragend, journalistisch anspruchsvoll und gestalterisch überzeugend, so kann man die Gewinner in den Kategorien beschreiben. Die breiten technischen und kommunikativen Möglichkeiten des Internet wurden positiv genutzt. Ob Blogs, Wikis, Archive oder Flash-Specials – in diesem Jahr spiegelt sich in den Nominierungen und Auszeichnungen die Stärke des Internet als Bildungs- und Wissensmedium wider.

Auffällig war, dass überwiegend Angebote etablierter Organisationen und Initiativen als auszeichnungswürdig befunden wurden – eine deutliche Dominanz öffentlich finanzierter Angebote, und zwar in einer bemerkenswerten Qualität, Breite und Kontinuität. Dass hinter einigen Angeboten Träger der politischen Bildung stehen und weniger klassische journalistische Redaktionen, wurde diskutiert. Der Jury war sehr daran gelegen, diese der allgemeinen Bildung dienenden »Auftragsarbeiten« auf ihre Unabhängigkeit zu prüfen. Eher eine Seltenheit waren hingegen Arbeiten, die sich mit bisher weniger aufbereiteten Themen oder gänzlich neuen Wegen der Informationsvermittlung befassten. Und neben einer ungleichen Verteilung bei den Nominierungen in den drei Kategorien war auch ein Defizit an hochwertigen Unterhaltungsangeboten erkennbar. Gerade in diesem Bereich könnte man mit einer mediengerechten Umsetzung im Internet »üppiger« umgehen. Besonders die privaten Fernseh-, aber auch Verlagsangebote könnten hier ihre Stärken und Möglichkeiten mehr nutzen – in den heutigen Internetzeiten sollte es möglich sein, relevante kommerzielle Aspekte mit inhaltlich Anspruchsvollem zu verbinden. Mut zu Innovationen und neuen Formaten gehört ebenso dazu wie gutes journalistisches Handwerk. Eine Kombination, die sich die Jury gut vorstellen kann. Über ein Ausschöpfen dieser Potenziale für das nächste Jahr würde man sich freuen.

Dafür zeigte eine Darstellungsform, die im letzten Jahr noch als interessante Entwicklung erwähnt wurde, ihre »Emanzipation«: Weblogs, und damit eine eigene sich etablierende Form des heutigen Journalismus, vermitteln nicht nur Vielfalt, sondern auch »ausgezeichnete« Qualität. Hier stehen Nachhaltigkeit, Intuition, Kommunikation und Spaß an der Sache im Vordergrund. Attribute, die richtungsweisend für viele Angebote sein sollten.

Auch in der Kategorie »Information« waren nur wenige auszeichnungswürdige Angebote im Wettbewerb. Hier schlägt sich die Stagnation im professionellen Online-Journalismus nieder, die seit dem Einbruch der »New Economy« anhält. Nicht mehr quantensprungartige Entwicklungen und Errungenschaften machen das Netz zu einem besonderen Medium, sondern die sinnfällige und anspruchsvolle Anwendung der Möglichkeiten. Ein Versprechen an spannende Einreichungen für die Auswahl 2006.

Aus der Jury des Grimme Online Award 2005