Grimme Online Award 2005

Statement der Nominierungskommission

Neue Preiskategorien, neues Spiel? Im vergangenen Jahr war an gleicher Stelle die Rede von reduzierter Multimedialität, ausbaufähiger Eigenständigkeit einzelner Web-Specials und zu optimierender Ressourcen-Ausnutzung der Fernsehsender. Es scheint fast so, als ob sich so mancher Wettbewerbsteilnehmer die Anmerkungen der Vorjahres-Nominierungskommission zu Herzen genommen hat. Erfreulicherweise wurden jene Punkte in diesem Jahr in gelungener Weise erfüllt, stellenweise auch „übererfüllt". So ließe sich anmerken, dass die in punkto Multimedialität und Design durchaus lobenswerten Flash-Specials die Hypermedialität des Netzes konsequenter nutzen könnten, tatsächlich aber nur selten auf weiterführende Online-Quellen verlinken. Wünschenswert bleibt daher, den Nutzer stärker zur Kommunikation einzuladen - die Interaktivität dieser Angebote bleibt also ausbaufähig.

Auch wenn die sich immer deutlicher herausbildende Darstellungsform des Flash-Specials vom grundlegenden Ansatz her ein geschlossenes Angebot darstellt, wären die beschriebenen Erweiterungen ein wünschenswerter Service, der den Standards des Webs entspricht. Im Sinne der Barrierefreiheit hätten wir uns zudem oft eine alternative HTML-Darstellung der Angebote gewünscht.

Der rasant voranschreitende Ausbau von Breitbandzugängen bei Privatpersonen sorgt inzwischen dafür, dass Angebote mit Bewegtbild, umfangreichen Audio-Inhalten und Streaming-Video nicht mehr als nutzerfeindlich gesehen werden müssen, da viele Onliner mittlerweile auch zuhause über einen DSL-Anschluss verfügen. Auf diesen Trend haben die Anbieter von Inhalten reagiert: Ohne allzu sehr auf die Breitbandigkeit abzuzielen, setzt eine ganze Reihe der nominierten Angebote datenintensive Formate zur Bereicherung ihrer Inhalte ein und führt so Form und Inhalt webspezifisch zusammen. Gerne hätte die Kommission mehr privatwirtschaftliche Online-Redaktionen nominiert, doch fehlende Refinanzierungsmöglichkeiten begrenzen offenbar nach wie vor die Entwicklung auf der Anbieterseite.

Auch für die - ebenfalls neu formulierte - Kategorie „Information" gab es wenig Vorschläge, die den Kriterien einer aktuellen, qualitativ herausragenden Informationsvermittlung im Netz entsprochen hätten. Da hier jedoch ein wichtiges und auch stark genutztes Angebots-Segment des Internet angesprochen wird, sollte diese Kategorie beim nächsten Wettbewerb gezielt beworben und ggf. in ihren Kriterien noch einmal überdacht werden.

Prominent präsentiert sich die Entwicklung des Phänomens Weblog - das zunächst als Möglichkeit der emanzipatorisch-alternativen (Gegen-)Öffentlichkeit gehandelte Format der zeitnahen Kommentierung von Ereignissen und Themen wird zunehmend auch von Medienprofis, Sendern und Verlagen eingesetzt. Mit den „Blogs" kristallisiert sich immer stärker eine eigenständige Darstellungsform und zugleich ein Medien-Korrektiv im Netz heraus. Ähnliches gilt für partizipativ angelegte Wissensangebote wie Wikipedia - ein spannendes Beispiel dafür, wie inhaltliche Qualität fortwährend durch das Netz und seine Nutzer selbst optimiert werden kann.

Erwähnt werden sollte an dieser Stelle schließlich das Online-Magazin nensch.de. Der vielversprechende partizipative Ansatz kann aufgrund einer bislang zu kleinen Nutzerschaft noch keine kontinuierliche inhaltliche Qualität gewährleisten, verdient aber eine weitere Beobachtung.