Grimme Online Award 2022

Die Preisträger

Kategorie KULTUR und UNTERHALTUNG

Kategorie SPEZIAL

PUBLIKUMSPREIS



Preisträger des Grimme Online Award INFORMATION



Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?

 

Preis verliehen für Storytelling, Redaktion und Sounddesign

Internetadresse: lnk.to/CuiBonoWTFhappenedtoKenJebsen
Anbieter: Studio Bummens, Norddeutscher Rundfunk, Rundfunk Berlin-Brandenburg, K2H

Verantwortliche Personen:
Tobias Bauckhage (Redaktion)
Khesrau Behroz (Storytelling, Redaktion)
Dennis Dabelstein (Redaktion)
Jakob Ilja (Sounddesign)
Volkmar Kabisch (Redaktion)
Chris Kalis (Sounddesign)
Philip Meinhold (Redaktion)
Pascale Müller (Redaktion)
Sören Musyal (Redaktion)

Mitwirkende:
Christoph Fey (Rechtsberatung)
Sebastian Gorski (Rechtsberatung)
Norbert Grundei (Executive Producer)
Moritz Hohenfeld (Executive Producer)
David Krause (Additional Producer)
Kate Kubel (Associate Producerin)
Johanna Leuschen (Projektkoordination)
Sarah Omar (Associate Producerin)  
Sabine Schmidt (Associate Producerin)
Robert Skuppin (Executive Producer)
Henning Wagenbreth (Cover)
Carola Witt (Rechtsberatung)

Begründung der Jury:
Viele Verschwörungserzählungen haben gemeinsam, dass mächtige Interessen hinter Ereignissen behauptet werden. „Cui bono – wem zum Vorteil?“ Diese in radikalen Kreisen missbrauchte Frage greift der Podcast „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“ auf, um umgekehrt die Profiteure hinter den Verschwörungstheorien zu enttarnen.
In sechs atmosphärisch dichten und dramaturgisch spannungsvollen Folgen erzählt Autor und Redakteur Khesrau Behroz von der Verwandlung des einst beliebten Radiomoderators Ken Jebsen. Doch der Podcast geht weit über ein Porträt dieses rechten Ideologen hinaus, dessen YouTube-Kanal bis zur Sperrung millionenfach geklickt wurde. Die hohe Relevanz entsteht dadurch, dass an der Figur Jebsen auch die Entstehung und rechte Instrumentalisierung der "Querdenker"-Szene veranschaulicht wird. Behroz und sein Team sezieren das gefährliche Zusammenspiel rechter Strategen und sozialer Netzwerke mit ihren wiederum höchst problematischen Mechanismen.
Die Produktion beeindruckt zudem durch ihre aufwendige Machart, die raffinierten Montagen aus Archiv-O-Tönen von Jebsen und Schilderungen seiner Weggefährten. In erzählerischen Einschüben werden diese Stimmen kommentiert und eingeordnet. Seine analytische und emotionale Tiefe gewinnt der Podcast auch dadurch, dass die Opfer von Desinformation in den Blick genommen werden. Behroz erzählt sehr eindrücklich am Beispiel seiner Mutter, wie erfolgreich Verschwörungstheorien ihren Hauptzweck erfüllen: Unsicherheit und Ängste bei vielen Menschen zu säen und damit die Gesellschaft zu spalten.

Beschreibung: Früher war Ken Jebsen einer der beliebtesten Moderatoren von Radio Fritz. Heute ist er einer der einflussreichsten Verschwörungsideologen Deutschlands. Die sechsteilige Dokumentar-Podcast-Serie „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“ von Studio Bummens, NDR, rbb und K2H zeichnet gekonnt nach, welche Ereignisse und Einflüsse in Jebsens Leben und Schaffen dazu geführt haben könnten. Mit packendem Storytelling, aber ohne Vereinfachung macht der Podcast ein gesamtgesellschaftliches Problem anschaulich.

 

 
 



Slahi – 14 Jahre Guantánamo

 

Preis verliehen für Recherche, Produktion und Moderation

Internetadresse: ndr.de/slahi

Anbieter: Norddeutscher Rundfunk

Verantwortliche Personen:
Bastian Berbner (Recherche, Produktion, Moderation)
John Goetz (Recherche, Moderation)
Karin Huxdorf (Produktion)
Sabine Korbmann (Produktion)
Johanna Leuschen (Produktion)
Ole Pflüger (Recherche, Produktion)
Jonas Lasse Teichmann (Produktion)
Christoph van der Werff (Produktion)

Begründung der Jury:

Die Terroranschläge des 11. September 2001 haben die Welt erschüttert. Im „Krieg gegen den Terror“, den die USA in der Folge entfachen, werden Menschenrechte brutal und systematisch verletzt. Der Podcast „Slahi – 14 Jahre Guantánamo“ erzählt davon exemplarisch am Leben von Mohamedou Slahi. Unter Terrorverdacht wird er ohne Anklage 14 Jahre lang im berüchtigten Gefangenenlager Guantánamo festgehalten. Slahi gilt als einer der wichtigsten Gefangenen und muss schwere Folter erleiden.
Die investigative Recherche, die diesem Podcast zugrunde liegt, ist nicht nur journalistisch herausragend, sondern auch einzigartig: Bastian Berbner und John Goetz können nicht nur den Gefolterten sprechen lassen, sondern auch dessen Folterer. Sie vollbringen es sogar, dass ein nachträglicher Dialog zwischen den höchst ungleichen Protagonisten zustande kommt.
Wer ist gut, wer ist böse? Was ist Wahrheit? Der Podcast umkreist diese und weitere grundlegende Fragen, lässt dabei viel Raum für Empathie, Ambivalenzen und Zweifel, trotzdem er Slahis Geschichte minutiös rekonstruiert. Dass Folter nicht nur für den Gefolterten, sondern auch für die Folterer gravierende Folgen hat, ist eine der nicht allzu vielen Gewissheiten in dieser vielstimmigen und ungeheuer spannend inszenierten Erzählung.
Neben der Rechercheleistung beeindrucken auch die Moderatoren, die ihre eigene Arbeit sowie ihre Protagonisten klug und kritisch reflektieren. Über zwölf Podcast-Teile gelingt hier eine meisterhafte Dramaturgie, die ab der ersten Folge in den Bann zieht und bis zum Ende fesselnd bleibt.

Beschreibung: Der Beduine Mohamedou Slahi stieg auf zum Ingenieur in Deutschland. Dann wurde er von den USA unter Terrorverdacht inhaftiert und gefoltert. Im zwölfteiligen NDR-Podcast „Slahi – 14 Jahre Guantánamo“ erzählen Bastian Berbner und John Goetz die außergewöhnliche Lebensgeschichte im Kontext des islamistischen Terrors. Wie sieht er sein Handeln? Was machten Haft und Folter mit ihm? Neben Slahi kommen auch frühere Wegbegleiter zu Wort – und es gibt ein Gespräch zwischen Mohamedou Slahi und seinem Folterer.

 

 
 



Umwelt in Ostdeutschland

 

Preis verliehen für Autorenschaft und visuelle Gestaltung

Internetadresse: umwelt-im-osten.de

Anbieter: Mitteldeutscher Rundfunk

Verantwortliche Personen:
David von Buseck (visuelle Gestaltung)
Sascha Collet (visuelle Gestaltung)
Steffen Hänsch (visuelle Gestaltung)
Michael Schönherr (Autorenschaft)

Mitwirkende:
Gundula Fasold (Recherche)
Olaf Jacobs (Produzent)
Martin Kopplin (Recherche)
Sibylle Mansour (Produktionsleitung)
Daniel Schlechter (Redaktion)
Daniel Vogelsberg (Redaktion)
Inka Zimmermann (Recherche)

Begründung der Jury:
Dass Datenjournalismus schön sein kann, sollte im Jahr 2022 kein Geheimnis mehr sein. Dass Datenjournalismus allerdings derart schön sein kann, überrascht fast schon ein wenig.

Das Projekt „Umwelt in Ostdeutschland“ ist ein visuelles Meisterwerk. Es behandelt die Umweltverschmutzung in der ehemaligen DDR und ihren Einfluss auf Natur und Klima. Die interaktive Reise beginnt auf Höhe der Staubwolken, die durch die Schlote der Braunkohlekraftwerke freigesetzt wurden, und endet im düsteren Erdreich in 70 Metern Tiefe. Dazwischen erfährt man viel zu Geologie, Geographie und Topologie. Hinzu kommen Informationen zu Waldschäden und Vogelarten, Darstellungen zur Flächennutzung in der Agrarwirtschaft sowie eine detailreiche Karte zur Wasserqualität der Flüsse in Mitteldeutschland. Und es zeigt sich: Nicht alles ist nach der Wende besser geworden.

„Umwelt in Ostdeutschland“ schafft den schwierigen Spagat zwischen historischen Themenkomplexen wie Giftmüll in Bitterfeld einerseits und aktuellen politischen Debatten im Rahmen von Natur- und Klimaschutz andererseits. Dabei zieht sich zu jeder Zeit ein stringenter roter Faden durch die Erzählung. Jede Grafik, jede Information, jede Nutzerinteraktion erscheint plausibel. Nichts ist unnötig, alles ist hochgradig relevant. Die aufwändige Visualisierung und die kreative Bebilderung können als Referenzpunkte des zeitgenössischen Datenjournalismus bezeichnet werden. „Umwelt in Ostdeutschland“ wirft ein neues Licht auf alte Probleme und ist ein lokaler Beitrag zum weltweit wichtigen Thema Klima.

Beschreibung: Jahrzehntelang brachten die DDR-Planwirtschaft und ihre Umweltsünden die Natur an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Beim interaktiven Dokuprojekt „Umwelt in Ostdeutschland“ des MDR scrollen sich die Nutzer*innen von der Luft durch die Biosphäre bis in den Boden. Die Scroll-Doku zeigt anhand von Statistiken und mit einer interaktiven Karte, was sich seit der Wende verbessert hat, wo die Altlasten noch heute zu spüren sind, und wo neuere Entwicklungen sich nachteilig auf Natur und Artenvielfalt auswirken.

 

 
 



Preisträger des Grimme Online Award WISSEN und BILDUNG



Nuclear Games – Die atomare Bedrohung

 

Preis verliehen für Storytelling, technische Umsetzung und visuelle Gestaltung

Internetadresse: nuclear-games.net

Anbieter: Docmine, SRF | SRG

Verantwortliche Personen:
Daniel von Aarburg (Storytelling)
Philipp Bornhauser (technische Umsetzung)
Berkant Dumlu (Storytelling, visuelle Gestaltung)
Regina Dziallas (visuelle Gestaltung)
Philipp Feigenputz (visuelle Gestaltung)
Michael Fischer (Storytelling)
Simon Heinzle (technische Umsetzung)
Guido Koch (technische Umsetzung)
Manuel Lang (technische Umsetzung)
Patrick M. Müller (Storytelling, visuelle Gestaltung)
Jörn Peper (visuelle Gestaltung)
Ilya Savchenko (technische Umsetzung)
Anna Maria Scharf (visuelle Gestaltung)
Lisa Stanzel (visuelle Gestaltung)

Mitwirkende:
Urs Augstburger (Redaktion)
Judith Hardegger (Redaktion)
Tobias Herzog (Sound Supervisor)
Remo Krieg (Hintergrund Clips)
Stephen Maier (Recherche Archivmaterial)
Andreas Nidecker (Beratung)
Moira Rehsche (Produktionsleitung)
Sven Wälti (Redaktion)

Begründung der Jury:

In visuell wie technisch aufwändig gestalteten Graphic Novels macht „Nuclear Games“ auf die todbringende Gefahr der Atomkraft aufmerksam, die in militärischen, aber auch in zivilen Systemen eine kaum zu beherrschende Menschheitsbedrohung darstellt.

Eine der Geschichten behandelt die Tuareg in der Sahelzone, die das Uran für französische Kernkraftwerke schürfen und langsam an dieser Arbeit zugrunde gehen. An anderer Stelle geht es um die Bewohner des Bikini-Atolls, eines abgelegenen Inselrings inmitten des Pazifiks. Ihre Heimat wird nach zahlreichen Atombombentests verstrahlt und bleibt auf ewig unbewohnbar. Außerdem gibt es Streifzüge durch die Kuba-Krise, die Atomkatastrophe in Tschernobyl und die Gefahr durch das nordkoreanische Atomwaffenprogramm. Die Geschichten in den scrollbaren Graphic Novels sind detailreich und mit Ausstiegspunkten versehen: In einer eigenen Wissensbibliothek finden sich zahlreiche Dokumente und Hintergrundberichte zu den Gefahren der Atomkraft.

Ästhetisch herausragend und sehr webspezifisch umgesetzt, berührt „Nuclear Games“ und macht nachdenklich. Vor allem schafft es mit klugem Storytelling und sehr gut aufbereiteten Hintergrundinformationen Einblick in die Schicksale der bisher häufig unsichtbar gebliebenen Menschen, die für unsere Atomkraftwerke und unsere Atomwaffen mit ihrer Heimat oder gar ihrem Leben bezahlt haben. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gewinnen Fragen zur Sicherheit der Kernenergie sowie Bedrohungsszenarien durch den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen neue Relevanz.

Beschreibung: Fünf wahre Stories aus fünf Kontinenten: „Nuclear Games“ von Docmine und SRG erzählt in einem Mix aus interaktiver Animation und Dokumentation von der Bedrohung der Menschheit durch acht Jahrzehnte Nukleartechnologie. Der Uranabbau in der Sahara ist genauso Thema wie die Vertreibungen aufgrund der Atomtests im Bikini-Atoll oder der „Raketenmann“ Kim Jong-un. Die aufwändig gestalteten Graphic Novels, durch die die Nutzer*innen scrollen können, werden ergänzt von einer Wissensbibliothek mit Videos und Texten.

 

 
 



safespace.offiziell

 

Preis verliehen für Redaktion und Moderation

Internetadresse: tiktok.com/@safespace.offiziell

Anbieter: Rundfunk Berlin-Brandenburg

Verantwortliche Personen:
Ariane Böhm (Redaktion)
Whitney Bursch (Moderation)
Susanne Faß (Redaktion)
Säli El Mohands (Moderation)
Elena Münker (Redaktion)
Kim Neubauer (Redaktion)
Saphira Siegmund (Moderation)
Malina Florentine Sternberg (Redaktion)
Lea Wessels (Moderation)  

Mitwirkende:
Dörte Caspary (Gesamtleitung)
Rosa Fabry (Moderation)
Kerstin Gitter (Produktion)
Daniela Härle (Illustration)
Kristina Henss (Formatentwicklung)
Isabel Hummel (Beratung)
Elisabeth Kirchner (Beratung)
Tom Kölm (Gesamtleitung)
Tu-Phuong Ly (Illustration)
Hendrik Niefeld (Formatentwicklung, Gestaltung)
Caroline Rilat (Illustration)
Bettina Ruhland-Neitzke (Leitung Grafik)
Hani Sagiv (Beratung)
Hanna Scholz (Formatentwicklung)
Christiane Seifart (Leitung Produktion)
Yelda Türkmen (Formatentwicklung)
Milosz Wachulski (Illustration)
Tatjana Willms (Leitung Produktion)

Begründung der Jury:

Mit kurzen Videos bringen die vier Hosts Saphira, Lea, Säli und Whitney eine unverkrampfte Aufklärung über den Körper der Frau in die Kinderzimmer von jungen Mädchen. Verhütung, Periode, Masturbation – all diese Themen sind nicht neu in den sozialen Medien. Im Gegenteil: Sie haben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erfahren. Was den TikTok-Account „safespace.offiziell“ dennoch heraushebt, ist die große Nähe, die die Hosts zu ihren Zuschauer*innen haben.

Ohne Scheu vor unangenehmen und vermeintlich peinlichen Themen tragen Saphira, Lea, Säli und Whitney zu einer Enttabuisierung des pubertierenden Körpers bei. Und das direkt aus den eigenen Bade- und Schlafzimmern. Sie reden nicht einfach nur über Weißfluss in der Unterhose – sie halten ihn mitsamt dem Slip in die Kamera. Sie reden nicht einfach nur über ein gerissenes Kondom – sie rufen direkt bei der Gynäkologin an und fragen nach Tipps.

Der TikTok-Account „safespace.offiziell“ übersetzt die Themen der Gesundheitsredaktion des rbb für ein junges Publikum und hat mit seiner diversen Besetzung der Hosts, dem authentisch genutzten Format und der sympathischen Wissensvermittlung alles richtig gemacht. Das zeigt auch die hohe Interaktion in den Kommentaren, in denen die Zuschauer*innen ihre intimen und persönlichen Erfahrungen teilen. „safespace.offiziell“ trifft in das Herz der Community und hat damit einen wahren safe space für Mädchen und junge Frauen geschaffen.

Beschreibung: Jugendliche beschäftigen sich stark mit ihrer Sexualität und den Veränderungen ihres Körpers. Fragen dazu werden aus Scham jedoch oft verschwiegen. Die Gesundheitsredaktion des rbb hilft mit dem TikTok-Kanal „safespace.offiziell“: Fachkundig, aber ohne Tabus und wie coole ältere Cousinen sprechen die Hosts über Verhütungsmethoden, Ausfluss und juckende Brüste. Dabei sind weder sie noch der Kanal durchgestylt und glatt. So agieren sie auf Augenhöhe mit ihrer Zielgruppe – die Kommentare belegen, dass die Informationen ankommen.

 

 
 



Preisträger des Grimme Online Award KULTUR und UNTERHALTUNG



Im Dunkeln – ein Leuchten

 

Preis verliehen für Konzept, Redaktion und visuelle Umsetzung

Internetadresse: uhlman.staatsgalerie.de

Anbieter: Staatsgalerie Stuttgart

Verantwortliche Personen:
Anna Arnold (Redaktion)
Robert Baldauf (visuelle Umsetzung)
Johannes Goss (visuelle Umsetzung)
Ilona Hoppe (Konzept, Redaktion, visuelle Umsetzung)
Susanne Kohlheyer (Redaktion)

Mitwirkende:
Berenike Beckhaus (Sprecherin)
Lea Brückner (Sprecherin)
Ildikó Fillies (Sprecherin)
Tim Heumesser (Tonaufnahmen)
Corinna Höper (wissenschaftliche Betreuung)
Anne-Katrin Koch (Bildrechte)
Mareike Köhler (Sprecherin)
Annegret Müller (Betreuung Sprecher*innen)
Aurelia Orel (Sprecherin)
Johanna Poltermann (wissenschaftliche Betreuung, Bildrechte)
Jan Roth (Sounddesign)
Mira Schrenk (Sprecherin)
Marcus Westhoff (Sprecher)
Christoph Wetzel (Technischer Support)

Begründung der Jury:
Als Jude verfolgt in Deutschland, als Deutscher interniert in England und die ganze Welt im Krieg – diese traumatische Erfahrung verarbeitete Fred Uhlman in seinem Zyklus „Captivity“. Es sind bedrückende Motive, teils drastisch realistisch, teils phantastisch, die bei aller Düsternis immer einen Hoffnungsschimmer ausstrahlen.

In der Webapplikation werden sechs ausgewählte Zeichnungen vorgestellt. Die Nutzer*innen bewegen sich suchend über das digitale Papier – mit einem kleinen Lichtpunkt. Er gibt erst nur Details frei: hier ein Körper, dort ein Baum, am Himmel ein paar Vögel. Dann wird der Lichtkegel größer, immer mehr Details erschließen sich. Durch die Zeichnungen und ihre Geschichte führt eine Stimme – zu jeder Zeichnung eine andere, so dass jedes Blatt auch akustisch einen eigenständigen Charakter erhält.

Diese konzentrierte Form der Darstellung greift die Umstände der Entstehung der Zeichnungen und ihre reduzierte Form auf. So gelingt es, ein hohes Maß an Faszination zu wecken, ja sogar die Betrachter*innen geradezu in das – im Original winzige – Kunstwerk hineinzuziehen, sie Ausschnitte oder die Gesamtkomposition ausgiebig betrachten zu lassen. Die Länge der Audio-Erklärungen ist ideal abgestimmt auf die zu entdeckenden Details. Sie führen, ohne zu gängeln, und ermöglichen so ein Erschließen der Zeichnungen über die gesprochenen Erläuterungen hinaus. Alle Ebenen, alle eingesetzten inszenatorischen Mittel ergänzen und setzen Künstler und Werk effektvoll in Szene – ohne Effekthascherei.

Beschreibung: Mit einem digitalen Licht können die Nutzer*innen auf „Im Dunkeln ­– ein Leuchten“ der Staatsgalerie Stuttgart Zeichnungen erkunden, die der jüdische Künstler Fred Uhlman nach seiner Flucht aus Deutschland schuf. Ruhige, mit Musik unterlegte Erzähler*innenstimmen führt behutsam an die unvorstellbaren, teils fantastischen Szenen heran, mit denen er die Schrecken des Zweiten Weltkriegs verarbeitete. Die Interaktion des Beleuchtens schärft dabei den Blick für die Details und zeigt die Möglichkeiten der digitalen Kunstvermittlung auf.

 

 
 



Kandvala

 

Preis verliehen für Konzept und Umsetzung

Internetadresse: story.multim3dia.de/kandvala

Verantwortliche Personen:
Sitara Thalia Ambrosio (Konzept, Umsetzung)
Iván Furlan Cano (Konzept, Umsetzung)
Josephine Hochbruck (Umsetzung)
Jannis Große (Umsetzung)
Michael Trammer (Umsetzung)
Hassan Walli (Umsetzung)

Begründung der Jury:

Die osteuropäische Außengrenze ist verriegelt und die sogenannte „Balkan-Route“ versperrt. In der bosnischen Stadt Bihać stecken daher zahlreiche junge Männer aus Afghanistan und Pakistan fest. Sie harren in einer Bauruine aus, die sie „Kandvala“ nennen.

Die beiden Journalist*innen Sitara Thalia Ambrosio und Iván Furlan Cano haben diese Menschen bei ihrem Alltag und während ihrer Flucht begleitet. Sie beschreiben die Härten in Kandvala, aber auch die Grausamkeit der kroatischen Grenzbeamten, die die Fliehenden verprügeln und foltern. Wie kaum ein anderer Beitrag verschafft „Kandvala“ einen ungefilterten und schonungslosen Zugang zu den Menschen, die von der Migrationspolitik Europas betroffen sind.

Der journalistische Ansatz, die handwerkliche Umsetzung und die Qualität der Recherche sind bemerkenswert. Ambrosio und Furlan Cano vollbringen den Balanceakt, die Stimmung in Kandvala in all ihren Härten einzufangen, ohne dabei aufdringlich oder grenzüberschreitend zu sein. Mithilfe ihrer Bilder, Videos und Tondokumente gelingt es ihnen, facettenreiche Portraits der Geflüchteten zu erstellen und mit einer ausdrucksstarken Bildsprache zu versehen. Die Produktion als Multimedia-Erzählung im digitalen Raum, die technische Umsetzung und die visuelle Gestaltung greifen als Gesamtwerk lückenlos ineinander. Dass die beiden jungen Journalist*innen ihre Arbeit selbst finanziert und veröffentlicht haben, ist eine besondere Erwähnung wert. „Kandvala“ ist ein in jeglicher Hinsicht herausragendes Projekt.

Beschreibung:
Im Nordwesten Bosniens versuchen Flüchtende immer wieder die Grenze zur Europäischen Union zu überqueren. Und werden immer wieder von kroatischen Grenzbeamten zurückgeschickt, geschlagen, beklaut. Sitara Thalia Ambrosio und Iván Furlan Cano besuchen für ihre Multimedia-Reportage die flüchtenden Menschen in ihrer vorübergehenden Unterkunft, der Bauruine „Kandvala“, und porträtieren sie, ihre Ängste, Sehnsüchte und Hoffnungen in Fotos, Videos, Audios und Texten. Ein schonungsloser Einblick in den Alltag der Flüchtenden.

 

 
 



Preisträger des Grimme Online Award SPEZIAL



CORRECTIV.Lokal

 

Preis verliehen für Initiative

Internetadresse: correctiv.org/lokal

Anbieter: CORRECTIV

Verantwortliche Personen:
Max Donheiser (Initiative)
Hanna Guggenberger (Initiative)
Miriam Lenz (Initiative)
André Ricci (Initiative)
Jonathan Sachse (Initiative)
Pia Siber (Initiative)

Begründung der Jury:

Was haben ein Beitrag von Radio Leinewelle über die Situation von Frauenhäusern im südlichen Niedersachsen während der Pandemie und ein Beitrag der Jeverschen Zeitung über den Schmerzmittelmissbrauch eines Amateurfußballers gemeinsam? Sie wurden von Lokaljournalist*innen vor Ort in Kooperation mit dem Recherchenetzwerk „CORRECTIV.Lokal“ recherchiert und umgesetzt.

Der CORRECTIV-Ableger hat sich zum Ziel gesetzt, Recherchen zu relevanten Themenfeldern anzustoßen und ein Netzwerk von mittlerweile mehr als 1.200 Lokaljournalist*innen und weiteren am lokalen Geschehen Interessierten zu unterstützen – mit Materialien, Datensätzen, mit „Rezepten“, die minutiös zeigen, wie komplexe Themen lokal aufbereitet werden können. Und CORRECTIV.Lokal organisiert den digitalen Austausch der beteiligten Lokalredaktionen zwischen Bodensee und Ostseeküste. Daneben werden den Mitgliedern monatliche Fortbildungen angeboten, in denen Wissen vermittelt wird, das in der klassischen journalistischen Ausbildung wie auch im redaktionellen Alltag oft zu kurz kommt.

Das Projekt wird durch die Rudolf-Augstein-Stiftung gefördert, die Mitgliedschaft ist kostenlos. Es fußt auf der Idee, dass gemeinsame Recherchen mehr bewirken können als redaktionelles Einzelkämpfertum. In den Augen der Jury ist es eine preiswürdige Reaktion auf die Krise des Lokaljournalismus, der investigative Recherchen und komplexe datenjournalistische Aufbereitungen nur selten allein stemmen kann.

Beschreibung: Aufwändige Datenrecherchen und investigative Themenschwerpunkte sind im Lokalen normalerweise nicht möglich. "CORRECTIV.Lokal" unterstützt mit Tools, Expertise und Themen. In dem Verbund von über 1.200 Lokaljournalist*innen sind schon Recherchen zu Parteispenden, Schwarzgeld im Amateurfußball und zu Klima-Themen entstanden, mit hunderten Berichten in Lokalmedien. Daneben finden Vernetzung, Wissensaustausch und Fortbildung statt – so stärkt das Netzwerk den für die Gesellschaft so relevanten Lokaljournalismus.

 

 
 



Preisträger des Grimme Online Award PUBLIKUMSPREIS



Scobel

 

Philosophie auf YouTube? Langsames Denken im schnellen Medium? Auf dem 3sat-YouTube-Kanal "Scobel" wird dieser Gegensatz aufgelöst. In den grafisch zurückhaltend gestalteten Videos spricht Gert Scobel wöchentlich über Roboter mit Bewusstsein oder Klimaschutz, über Kunst oder die Frage nach dem Ich. Die analytischen Vorträge – oft mit aktuellem Anlass – werden von Gesprächen mit Gästen ergänzt. So liefern die substanzreichen Betrachtungen Erkenntnisgewinn bei mehr als 100.000 Abonnent*innen und laden zum Perspektivwechsel ein.

Anbieter: ZDF/3sat  
Autor, Host: Gert Scobel
Kanalverantwortliche: Stephanie Keppler
Redaktionelle Mitarbeit: Christine Bauermann, Birgit Rethy, Darinka Trbic  
Redaktion: Inga Haupt (Objektiv Media)
Producer, Schnitt: Marvin Neumann (Objektiv Media)
Gestaltung: Claus Ast  
Thumbnails: Jan Schattka (Objektiv Media)
Produktion: Christoph Beau
Community Management: Jennifer Lee, Daniela Ssymank, Sven-Sebastian Sajak (Objektiv Media)
Leitung Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft: Peter Arens

Internetadresse: youtube.com/scobel